Kölner Stadtanzeiger 2014

Greifvogelstation in Rösrath Im Einsatz für Mensch und Tier

Von Angelika Rheindorf

 

Dirk Sindhu mit einem Rotschwanzbussard.

Foto:  Anton Luhr

 

 

Rösrath 

Im Herzzentrum der Uniklinik Köln hat es auch der letzte Patient des Tages gleich geschafft. Er wird er in den Untersuchungsraum gerufen. Zwei mal im Jahr kommt der Herzschrittmacher-Patient zur Kontrolle hierher. Dirk Sindhu nimmt ihn freundlich in Empfang. Der Rösrather Greifvogelexperte ist in seinem Berufsleben Leiter der Kardiotechnischen Abteilung. Schon seit 18 Jahren betreut er im Team mit acht Kollegen bis zu 1400 Nachsorge-Patienten im Jahr.

Der ältere Herr freut sich, ihn wieder zu sehen. Die beiden scherzen eine Viertelstunde miteinander, während Sindhu das Gerät durchtestet. Sindhu prüft alle wichtigen Schrittmacherparameter wie Reizschwellen, Impedanzen und Sensing, auch den Speicher des Apparates und den Batteriestatus liest er aus. Der Medizintechniker ist mit dem Funktionsstand zufrieden.

1994 hat Sindhu sein Diplom in biomedizinischer Technik an der Fachhochschule Aachen/Jülich gemacht, seit Januar 1997 ist er bei der Uniklinik Köln angestellt, seit 2010 als Leiter der Abteilung. Es macht ihm Spaß, die Technik mit dem „was dran hängt“ in Einklang zu bringen. Ein falsch eingestellter Schrittmacher kann das Befinden des Patienten massiv stören, bis hin zum Auftreten von Zyanosen (dabei wird das Blut nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt). Auch ein Schrittmachersyndrom kann ausgelöst werden.

Dann klingelt das Telefon, Sindhu eilt in den OP: Ein Notfall, ein Patient wird mit einem Linksherz-Unterstützungssystem ausgestattet, das ihm helfen soll, bis ein Spenderherz für ihn gefunden ist.

Das Studium finanzierte sich Sindhu, der verheiratet ist und einen Sohn hat, als Veranstaltungsfotograf, als Baumfäller, Parkwächter und beim Sicherheitsdienst. Später war er in der Forschung aktiv. Er sieht seine Tätigkeit als Job, nicht als Heldentat. „Die Anzahl der Patienten steigt in den letzten Jahren deutlich. Die Gründe dafür sind sicher sehr vielschichtig.“

Sindhu lobt die hohe fachliche Kompetenz innerhalb des Herzzentrums und das gute Arbeitsklima. „Nicht nur weil mir hier auch mit sehr viel Verständnis begegnet wird, wenn mal wieder ein Greifvogel Sorgen macht. Ohne das Verständnis der Mitarbeiter und Vorgesetzten in der Klinik hätte ich das nicht so hinbekommen, wie es jetzt ist.“

Das Wohl der Vögel auf der Greifvogelwarte am Turmhof hängt also auch vom Wohlwollen der Klinik und der Kollegen ab. Auf dem Rösrather Gelände wird die Schutzstation gerade um 150 Quadratmeter erweitert. Am Freitag ist ab 15 Uhr zum Richtfest für die neue Voliere eingeladen. Allerdings muss das Spendenkonto noch mit rund 10 000 Euro aufgefüllt werden, bevor die Anlage fertiggestellt werden kann. Bis dahin halten sich Uhus, Eulen und Falken in den gewohnten Gehegen auf.

Derzeit sind 78 Tiere hier untergebracht, darunter Rotmilan, Wespen- und Mäusebussard, Sperber, Wanderfalke, Turmfalke, Schleiereule und Waldkauz. Ein Tier, das besonders von der Station profitiert, ist der Rote Milan. „Bei uns hat er noch den stärksten Bestand. Wenn er hier ausstirbt, gilt er als ausgerottet“, so Sindhu, der seit fast 30 Jahren für die Vögel da ist.

Seit November 2010 hat die Bergische Greifvogelhilfe ihren festen Standort am Turmhof. Sindhu zahlt die monatlichen Unterhaltskosten überwiegend aus der eigenen Tasche, das Gelände gehört dem Kreis.

Quelle: https://www.ksta.de/78916 ©2018