Teichschutznetze: Eine unterschätzte Gefahr für Wildvögel

Während die breite Masse der Öffentlichkeit beim Thema Vogelsterben zunächst an Klimawandel, Lebensraumverlust und möglicherweise illegale Verfolgung denkt, werden Mitarbeiter von Wildvogelauffangstationen fast täglich mit Verlusten von Tieren durch Stacheldraht und Netze jeglicher Art konfrontiert.

Uhu aus Teichnetz

Obwohl diese Gefahrenquelle bereits seit Jahren hinlänglich bekannt ist, fehlen notwendige Schutzbestimmungen. Jedes Jahr verfangen sich so weiterhin unzählige Vögel in vom Menschen installierten Netzen. Dabei stellen – neben den klassischen feinmaschigen Kunststoffnetzen, die zumeist über Obstbäume und -sträucher gespannt werden – insbesondere auch solche, die über Fisch- und Zierteichen installiert werden, eine immense Gefahr dar.

Teichnetz

Teichschutznetze werden vor allem zum Schutz vor Fraßschäden durch Kormoran (Phalacrocorax carbo) und Graureiher (Ardea cinerea) angelegt, bergen aber gleichzeitig eine große Gefahr für zahlreiche andere Vögel. Einer israelischen Studie zufolge sind vor allem bei grobmaschigen, hellen Netzen die meisten Verluste von Wildvögeln zu beklagen. Am häufigsten betroffen sind fischfressende Vogelarten, wie Fischadler (Pandion haliaaetus), Reiher (Fam. Ardeidae) und Störche (Fam. Ciconiidae). Es werden jedoch auch regelmäßig andere Vogelarten, wie Habicht (Accipiter gentilis), Uhu (Bubo bubo) oder Mäusebussard (Buteo buteo) gefunden, die sich ebenfalls in den Netzen verheddern, schwer verletzen und häufig qualvoll sterben. Fischadler und Schwarzstorch (Ciconia nigra) erspähen auf ihren Beuteflügen die vermeintlich leichte Beute und verfangen sich mit ihren Flügeln und Beinen völlig ahnungslos beim Versuch einen Fisch zu erbeuten in den nahezu unsichtbaren Nylonfäden. Bei Befreiungsversuchen verschlimmert sich ihre Situation nur noch weiter, sodass sich viele Vögel Gliedmaßen einschnüren oder sich selbst strangulieren.

Bei Vögeln, die rechtzeitig gefunden und geborgen werden können, ist die tiermedizinische Behandlung und Rehabilitation meist äußerst aufwendig und langwierig. Ein Grund dafür ist zum einen die häufig hochspezialisierte Lebensweise der Tiere, die beim Fischadler ausschließlich Fisch als Nahrung beinhaltet. Zum anderen können wieder genesene Vogelarten wie Fischadler und Schwarzstörche nicht zu jeder Zeit des Jahres ausgewildert werden, da sie als Zugvögel von Wetter und Jahreszeit abhängig sind.

Verletzungen von Vögeln aus Teichschutznetzen können vielfältig ausfallen, ziehen jedoch in der Regel einen sehr langwierigen Heilungsprozess mit sich. Am häufigsten scheinen Weichteile wie Muskulatur, Haut, Nerven und Sehnen betroffen zu sein. Dagegen werden Knochenbrüche nur selten diagnostiziert. Zusätzlich sind die meisten Tiere stark unterkühlt und werden mit lebensbedrohlich niedrigen Körpertemperaturen eingeliefert. Die schwierigen Umstände beim Prozess der Genesung haben häufig zur Folge, dass viele Patienten nicht mehr wildbahnfähig sind und somit eine Auswilderung ausgeschlossen ist. Eine dauerhafte Haltung dieser Vögel in Volieren ist aus Sicht des Tierschutzes sehr kritisch zu bewerten, so dass diese Dauerpfleglinge nur in gut begründeten Einzelfällen in anerkannten und kontrollierten Stationen untergebracht werden können.

Uhu aus Teichnetz

Das Phänomen von verunglückten Vögeln in Abwehrnetzen ist für Auffangstationen keineswegs neu, denn seit Jahren müssen diese immer wieder solche Patienten aufnehmen und behandeln. Dabei wird ein negativer Trend von jährlich zunehmenden Fällen von Netzunfällen offensichtlich. Allein im laufenden Jahr wurden beispielsweise der Bergischen Greifvogelhilfe vier der weltweit seltenen Schwarzstörche eingeliefert, von denen zwei kurze Zeit später verstarben. Berücksichtigt man, dass die meisten Unfälle von Vögeln in Netzen nicht öffentlich bekannt werden, ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Während jeder verstorbene Vogel bereits einen großen Verlust in einer lokalen Population bedeuten kann, so schwer wiegen solche Todesfälle bei streng monogam lebenden Vögeln wie Schwarzstörchen umso mehr.

Weiterhin zeigen Studien, dass beim aktuellen Vogelsterben insbesondere auch die meisten Zugvögel zu den größten Verlieren zählen, was Fischadler und Schwarzstorch mit einbezieht. Verluste dieser Zugvögel in Teichabspannnetzen verschärfen die Bestandsrückgänge daher zusätzlich. Nicht zuletzt die Tatsache, dass die Gefahr, die von Vogelabwehrnetzen ausgeht, ohne großen Aufwand vermieden werden könnten, sondern auch die vermehrt in den letzten Jahren gestiegenen Fallzahlen von verunglückten Tieren veranlassen uns dazu, erneut und eindringlich auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Wir fordern daher vom Gesetzgeber ein grundsätzliches Verbot des Einsatzes von Vogelabwehrnetzen an privaten und nebengewerblichen Teichanlagen. An gewerblich betriebenen Aqua- oder Obstkulturen sind tägliche Kontrollen der Anlagen zwingend erforderlich. Als rechtliche Grundlage für ein solches Verbot verweisen wir auf die Regelungen des Tierschutzgesetzes (vgl. § 13 Abs. 1 TierSchG), der Bundesartenschutzverordnung (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BArtSchV) und des Bundesnaturschutzgesetzes (vgl. § 44 BNatSchG).

Siehe dazu auch den Pressebericht vom 12.02.2023.


Betroffene Rechtsvorschriften:

Tierschutzgesetz, § 13

(1) Es ist verboten, zum Fangen, Fernhalten oder Verscheuchen von Wirbeltieren Vorrichtungen oder Stoffe anzuwenden, wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden für Wirbeltiere verbunden ist.

Bundesartenschutzverordnung § 4 Verbotene Handlungen, Verfahren und Geräte

(1) Es ist verboten, in folgender Weise wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten und der nicht besonders geschützten Wirbeltierarten, die nicht dem Jagd- oder Fischereirecht unterliegen, nachzustellen, sie anzulocken, zu fangen oder zu töten:
1. mit Schlingen, Netzen, Fallen, Haken, Leim und sonstigen Klebstoffen, […]

Bundesnaturschutzgesetz § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten

(1) Es ist verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, […]